Wie Sie den
richtigen Psychotherapeuten finden
Wer psychotherapeutische Hilfe braucht, sieht sich einem kaum überschaubaren Dschungel gegenüber: es gibt Psychiater und Psychotherapeuten, Psychologen und Heilpraktiker: und die Anzahl der Methoden im psychotherapeutischen Bereich alle einfach nur aufzuzählen, würde schon ein halbes Buch füllen.
Ich möchte daher einige Orientierungspunkte geben, die es erleichtern, sich bei dieser Suche erfolgreich zurechtzufinden.
Titel und Berufe: Wer ist was und kann was?
Psychotherapeut war lange Zeit kein geschützter Titel: jetzt darf sich nur so nennen, wer eine staatliche Anerkennung als ärztlicher oder psychologischer Psychotherapeut hat.
Es gibt aber immer noch unterschiedliche Berufsbezeichnungen und Ausbildungen. Daher ist es wichtig, sich über die berufliche Qualifikation eines Psychotherapeuten zu informieren.
Grundsätzlich kann man drei Arten von Psychotherapeuten unterscheiden:
→ Ärztliche Psychotherapeuten
→ Psychologische Psychotherapeuten
→ Andere Psychotherapeuten
Ärztliche und Psychologische Psychotherapeuten haben ein abgeschlossenes Hochschulstudium hinter sich, also Medizin bzw. Psychologie studiert.
Ein solches Studium macht jemanden jedoch noch nicht zum Psychotherapeuten, sondern nur zum Arzt oder früher zum Diplom-Psychologen und jetzt zum Master in Psychologie. Psychotherapie ist eine Spezialisierung, die erst nach Abschluss des Studiums in einer mehrjährigen, berufsbegleitenden Weiterbildung erworben werden muss.
Es gibt im ärztlichen Bereich noch die Unterscheidung zwischen Psychotherapeut und Psychiater. Ein Psychiater hatte früher nicht unbedingt eine psychotherapeutische Ausbildung, sondern war spezialisiert im Bereich Psychiatrie, kannte sich also vor allem in der Behandlung schwerer Persönlichkeitsstörungen und Psychosen aus und setzte dabei vorwiegend auf medikamentöse Behandlung. Inzwischen ist aber in die psychiatrische Facharztausbildung auch eine psychotherapeutische Ausbildung eingeschlossen, so dass auch Psychiater ambulante Psychotherapie anbieten.
Die Ausbildung zum Psychotherapeuten wird von privaten Therapieinstituten und ‑gesellschaften angeboten und durchgeführt. Diese müssen allerdings staatlich anerkannt sein, wenn der Therapeut eine Approbation und Kassenzulassung erwerben möchte.
Derzeit werden aber nur vier Therapieformen von der Kassenärztlichen Vereinigung als wissenschaftlich fundiert anerkannt: Psychoanalyse, tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie, Verhaltenstherapie und seit kurzem auch die systemische Psychotherapie.
Dies entspricht zwar nicht dem derzeitigen Stand der Wissenschaft und es ist zu hoffen, dass in den nächsten Jahren noch weitere Verfahren aufgenommen werden bzw., wie es jetzt beschlossen wurde, eine methodenübergreifende Ausbildung erfolgt, die künftig bei Psychologen bereits an der Uni stattfindet.
Die Behandlung bei psychologischen Psychotherapeuten und ärztlichen Psychotherapeuten werden also von den Kassen in vollem Umfang übernommen, sofern die oben genannten Verfahren angewandt werden.
Die dritte Kategorie von Psychotherapieanbietern ist sehr inhomogen. Zu ihnen gehören Psychologen ohne Kassenzulassung, etwa mit anderen als den kassenrechtlich anerkannten psychotherapeutischen Ausbildungen (z.B. Gesprächstherapie oder Familientherapie). Daneben gibt es die Gruppe der Heilpraktiker, die eine psychotherapeutische Ausbildung gemacht haben. Es können aber auch andere Berufsgruppen wie Pädagogen, Sozialarbeiter sein oder auch Leute, die irgendeinen anderen Beruf gelernt haben und jetzt psychotherapeutisch arbeiten.
Hier ist es besonders wichtig, sich über die berufliche und speziell psychotherapeutische Ausbildung zu informieren, bevor man sich auf eine Behandlung einläßt.
Eine Behandlung durch einen psychotherapeutisch arbeitenden Heilpraktiker wird von manchen privaten Krankenkassen bezahlt, ist aber in der Regel selber zu zahlen.
Methoden: Warum so viele und welche passt für mich?
Es gibt hunderte von psychotherapeutischen Methoden. Sie lassen sich jedoch in fünf Hauptgruppen einteilen.
→ Psychodynamische (oder psychoanalytische) Therapien
→ Verhaltenstherapeutische Therapien
→ Systemische Therapien
→ Humanistische Psychotherapien
→ Transpersonale Psychotherapien
Es würde zu weit führen, diese verschiedenen Ansätze hier auch nur annährend zu erklären. Ich kann nur auf die Literatur zu diesem Thema verweisen.
Außerdem muß man bedenken, daß viele Psychotherapeuten methodenübergreifend arbeiten. Das heißt, sie wenden eine persönliche Mischung verschiedener Methoden und Stile an, oftmals jedoch mit einer bestimmten Grundorientierung. Daher ist es sinnvoll, sich in einem Vorgespräch erläutern zu lassen, wie ein Therapeut arbeitet.
Wie finde ich nun meinen Therapeuten?
Es gibt verschiedene Möglichkeiten:
• Am besten ist sicherlich die persönliche Empfehlung von jemanden, der bei diesem Therapeuten in Behandlung war oder ist.
• Sie können auch Ihren Haus- oder Facharzt fragen, wen der empfehlen kann.
• Eine Internetsuche unter den Begriffen„Psychotherapie“ oder „Psychotherapeut“ und Ihrer Stadt oder Ortschaft durchführen.
• Auch die Krankenkasse gibt einem Versicherten auf Anfrage eine Liste der Therapeuten, die von der Kasse bezahlt werden.
• Oder Sie können bei der Arztsuche der Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg nach Psychotherapeuten suchen (nur für Baden-Württemberg),
• Sie können auch beim Informationsdienst „MedCall“ der Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg nachfragen, welche Psychotherapeuten freie Plätze gemeldet haben (Tel. 0711–7875-3966)
Woran erkenne ich, dass dies der richtige Therapeut für mich ist?
Psychotherapie hat nach meiner Erfahrung zwei wesentliche Aspekte:
die Methode und die Person des Therapeuten.
Nicht jede Methode ist für jeden gleichermaßen geeignet. Leider ist die Psychotherapieforschung noch nicht soweit, dass man auf eine befriedigende Weise sagen könnte, welche Methode für welche Störung und für welchen Persönlichkeitstyp die beste ist. Daher muss jeder potentielle Psychotherapieklient für sich selber herausfinden, welche Methode ihn besonders anspricht. Es gibt Bücher, in denen die verschiedenen Psychotherapiemethoden beschrieben werden; und man sollte sich auch bei Freunden und Bekannten umhören.
Dabei muss man sich darüber im klaren sein, daß derzeit nur psychodynamische Psychotherapie, Verhaltenstherapie und seit kurzem systemische Psychotherapie von den Krankenkassen ohne weiteres bezahlt werden.
Das ist also das erste: die Methode muss stimmen, muss Sie ansprechen. Es hat keinen Zweck, dass Sie sich auf eine Form der Psychotherapie einzulassen, bei der Sie kein gutes Gefühl haben.
Genauso wichtig ist aber die Person des Therapeuten. Denn Psychotherapie ist eine Beziehung zwischen zwei Menschen und in dieser Beziehung entfaltet sich die jeweilige Methode.
Daher kann Psychotherapie nur dann wirken, wenn diese Beziehung eine stimmige Grundlage oder „Passung“ hat. Der Klient muss dem Therapeuten vertrauen können; muss sich bei ihm sicher und respektiert fühlen. Wenn dieses Vertrauen nicht da ist, wenn ein Klient das Gefühl hat, bei diesem Therapeuten nicht alles sagen zu können, oder sich auf andere Weise unbehaglich fühlt, dann ist das ein ernstes Warnsignal, das wahrscheinlich bedeutet, dass dies nicht der richtige Therapeut ist.
Um also den richtigen Therapeuten zu finden, ist auf jeden Fall ein Vorgespräch zum persönlichen Kennenlernen notwendig. Und auch die sog. „probatorischen Sitzungen“ vor einem Psychotherapieantrag dienen dazu, diese Fragen zu überprüfen.
Dabei ist es wichtig, auf den eigenen Eindruck zu achten:
• Schon beim ersten Anruf: Wie wirkt die Art und die Stimme des Therapeuten auf mich?
• Dann im Gespräch: Nimmt er sich Zeit für mein Anliegen? Antwortet er ausführlich auf meine Fragen?
• Welche Ausbildung hat er? Wo liegt der Schwerpunkt seiner Arbeit?
• Hat er mit meinem Problem Erfahrung?
• Welche Form der Arbeit erwartet mich, und was erwartet der Therapeut von mir? Werden gemeinsam Ziele für die Behandlung formuliert?
• Wie lange dauert voraussichtlich die Therapie?
• Die ersten Stunden prüfen: Wie geht der Therapeut mit mir um? Fühle ich mich angenommen oder von ihm bedrängt? Wie reagiert er auf eventuelles Unwohlsein?
Dann kommt aber noch eines dazu: es sollte auch in absehbarer Zeit eine Erleichterung der seelischen Probleme und erste Ansätze von Veränderung sichtbar sein.
Abgesehen von einer psychoanalytischen Langzeittherapie, die auf Jahre angelegt ist, dauert eine psychotherapeutische Behandlung – je nach Schwere der Störung und dem methodischen Ansatz – durchschnittlich zwischen 20 und 100 Stunden.
Wenn daher nach 10 – 20 Sitzungen keine erste Erleichterung und keine Veränderung erkennbar ist, sollte man zumindest in Frage stellen, ob dies wirklich der richtige Therapeut und die angemessene Behandlung ist.
Wenn während einer Behandlung Fragen, Irritationen oder Unsicherheiten auftreten, sollte es möglich sein, mit dem Behandler offen darüber zu sprechen und von ihm darin auch ernst genommen zu werden.
Unter diesen Bedingungen – wenn Sie einen guten menschlichen Kontakt zu Ihrem Psychotherapeuten herstellen können und seine Arbeitsweise Sie anspricht, herausfordert und motiviert, wird eine Psychotherapie mit großer Wahrscheinlichkeit dazu führen, dass sich Ihre emotionalen Probleme deutlich bessern oder sogar auflösen und diese Veränderungen auch stabil bleiben.
Nachdruck gerne gesehen, aber nur mit Copyright-Vermerk und schriftlicher Erlaubnis des Verfassers.